Weißclown und August

Verkörpert wird die Polarität „in der Tradition des weißen Clowns und des dummen August. Der weiße Clown weiß immer Bescheid und ist immer damit beschäftigt, gut auszusehen, das Richtige zu machen. Gerade weil er in allem perfekt sein will und alles „besser weiß“, ist er ein Clown. Er steht im Gegensatz zum dummen August, der nach seinen Instinkten lebt und dauernd „Fehler“ macht.““1 „Der weiße Clown steht für die Norm der Gesellschaft, der Stupidus (der August) für den Protest. Der weiße Clown … verkörpert bestechende Perfektion. … Der August ist anders.“2

 „Federico Fellini, der geniale italienische Regisseur, nennt den Streit zwischen dem weißen Clown und dem dummen August den „Kampf zwischen dem herrlichen Kult der Vernunft“ und der „Freiheit des Triebes“. Fellini sieht in den beiden Typen des Clowns die beiden Antagonisten des Lebens:…“3

Der Weiße war der Solide, der Respektable, der immer wusste, was man nicht tun durfte, der philosophierte und Moralpredigten hielt, aber auch den August bestrafte, wozu er einen „baton“, einen langen Stock mit einer Klapper am Ende, in den Händen hielt. Und der August? Nun, da mangelt es einem wahrscheinlich an Worten, um von all seinen Varianten zu erzählen. Aber wenn er auch noch so individuelle Züge hatte, war er immer der Spitzbube, der Schlingel, der Schlaumeier, sogar ein bisschen ein Gauner, der stets gegen Ordnung und Gesetz verstieß, neugierig, spöttisch und ungezogen war. In dem Weißclown sah man den Aristokraten mit den vornehmen Manieren, in blendend weißer Kleidung, oft mit glänzenden Pailletten besetzt, weißen Strümpfen und Hackenschuhen. Der August aber war ein Prolet oder einfach nur ein Landstreicher in löchrigen Handschuhen oder zerfetztem Hemd. Alle waren sich einig, das waren Vertreter zweier Klassen, zweier Stände. In den Beziehungen dieses Clownpaars sahen die Zuschauer mit Vergnügen den Widerhall das Klassenkampfes, der im vergangenen Jahrhundert Europas Länder erfasst hatte. Ihre Beziehungen waren sozial determiniert. Der Weiße war hochnäsig und doch allgemein hilflos, sein Wort galt nicht mehr. Der August jedoch war lebensfroh und einfallsreich,…“4

Der Bürger wird durch Anstand, Sitte und Erziehung, der Weißclown durch seine Rolle zu einer perfektionierten, ritualisierten unfreien Gestalt, während der August ihre regressive Kehrseite darstellt.

Als solcher darf er anal sein, kindisch und primitiv agieren, verfressen sein, laut schreien und weinen, kurz er darf „Kind“ sein, das ja auch erst durch Erziehung zum ordentlichen Menschen „gemacht“ werden soll….

Der August schwächt die aggressiven Forderungen des Weißclowns in einer für sich akzeptablen Weise ab, womit er sie auch für den Weißclown erträglicher macht – und uns alle lachen lässt.“5

So sind Weiß-Clown und August zwei unzertrennliche Figuren,6 sie sind „das sinnliche Bindeglied zwischen dem Alltäglichen und dem Ewigen.“7

Sie verkörpern einen Mythos, „der im Grunde von uns allen ist: die Versöhnung der Gegensätze, die Einheit das Seins.“8

2.2 Tragödie und Komödie